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Die aramäische Sprache
( ܠܶܫܳܢܳܐ ܣܽܘܪܝܳܝܳܐ - ܪܚܺܝܡܳܐ)

Die syrisch-orthodoxe Kirche, eine der ältesten christlichen Gemeinschaften der Welt, hegt einen einzigartigen Schatz: die aramäische Sprache. Diese alte semitische Sprache, die eng mit den Ursprüngen des Christentums verknüpft ist, spielt eine unersetzliche Rolle in der liturgischen Praxis und der kulturellen Identität der Kirche. Sie ist nicht nur ein Mittel zur Kommunikation, sondern auch ein göttliches Erbe, das den Gottesdiensten eine besondere spirituelle Tiefe verleiht. In diesem Text werden wir die tiefgehende Bedeutung der aramäischen Sprache in der syrisch-orthodoxen Kirche erkunden und verstehen, warum sie als die Sprache der Liturgie und des Glaubens für diese Gemeinschaft von unschätzbarem Wert ist.

Die syrisch-orthodoxe Kirche ist eine alte und ehrwürdige christliche Glaubensgemeinschaft, die eine enge Bindung zur aramäischen Sprache aufweist. Diese Beziehung zwischen Glaube und Sprache ist tief verwurzelt in der Geschichte und Identität der Kirche. Ihr Höhepunkt ist das bekannte Gebet "Abun d'bashmayo" (Vater unser im Himmel)  ܐܒܘܢ ܕܒܫܡܝܐ in aramäischer Schrift:

ܐܒܘܢ ܕܒܫܡܝܐ

ܐܰܒܽܘܢ ܕܒܰܫܡܰܝܳܐ ܢܶܬ݂ܩܰܕܰܫ ܫܡܳܟ݂ ܬܺܐܬ݂ܶܐ ܡܰܠܟܽܘܬ݂ܳܟ݂ ܢܶܗܘܶܐ ܨܶܒܝܳܢܳܟ݂ ܐܰܝܟܰܢܳܐ ܕܒܰܫܡܰܝܳܐ ܐܳܦ ܒܰܐܪܥܳܐ ܗܰܒܠܰܢ ܠܰܚܡܳܐ ܕܣܽܘܢܩܳܢܰܢ ܝܰܘܡܳܢܳܐ ܘܰܫܒܽܘܩ ܠܰܢ ܚܰܘܒܰܝ̈ܢ ܘܰܚܛܳܗܰܝ̈ܢ ܐܰܝܟܰܢܳܐ ܕܳܐܦ ܚܢܰܢ ܫܒܰܩܰܢ ܠܚܰܝ̈ܳܒܰܝܢ ܘܠܳܐ ܬܰܥܠܰܢ ܠܢܶܣܝܽܘܢܳܐ ܐܶܠܳܐ ܦܰܨܳܢ ܡ݂ܶܢ ܒܺܝܫܳܐ ܡܶܛܽܠ ܕܕܺܝܠܳܟ݂ ܗܝ ܡܰܠܟܽܘܬ݂ܳܐ ܘܚܰܝܠܳܐ ܘܬܶܫܒܽܘܚܬܳܐ ܠܥܳܠܰܡ ܥܺܠܡܺܝܢ ܐܰܡܺܝܢ

Ursprünge und historischer Kontext

Die syrisch-orthodoxe Kirche hat ihre Wurzeln in den frühen christlichen Gemeinden von Antiochien, einer Stadt in der heutigen Türkei, die im ersten Jahrhundert nach Christus zu einem wichtigen Zentrum des Christentums wurde. Zu dieser Zeit war Aramäisch eine der vorherrschenden Sprachen der Region und diente als Kommunikationsmittel für die ersten Christen.

Die Sprache Jesu (ܠܶܫܳܢܳܐ ܕܡܫܺܝܚܳܐ)

Es wird angenommen, dass Jesus Christus selbst Aramäisch gesprochen hat, da es die gebräuchliche Sprache in Palästina zur Zeit seines Lebens war. In den Evangelien des Neuen Testaments finden sich einige aramäische Ausdrücke, die seine enge Verbindung zu dieser Sprache bezeugen, darunter das Gebet "Eli, Eli, lema sabachthani?" aus Matthäus 27:46.

Die Liturgie und das Aramäische (ܐܳܪܳܡܳܝܳܐ ܘܩܽܘܪܳܒܳܐ)

Die syrisch-orthodoxe Kirche führt ihre Gottesdienste und Liturgien in der aramäischen Sprache durch. Dies ist ein zentraler Aspekt des Glaubenslebens und der Anbetung der Gemeinschaft. Die liturgische Sprache verleiht den Gottesdiensten eine besondere spirituelle Tiefe und ist ein Ausdruck des tiefen Glaubens der Gläubigen.

Die aramäische Sprache (ܠܶܫܳܢܳܐ ܣܽܘܪܝܳܝܳܐ)

Das aramäische Alphabet umfasst insgesamt 22 Buchstaben: 

ܐ, ܒ, ܓ, ܕ, ܗ, ܘ, ܙ, ܚ, ܛ, ܝ, ܟ, ܠ, ܡ, ܢ, ܣ, ܥ, ܦ, ܨ, ܩ, ܪ, ܫ, ܬ

Sie werden in verschiedenen Kombinationen verwendet, um Wörter und Sätze zu bilden, die in der aramäischen Sprache gesprochen und geschrieben werden.

Einige wichtige aramäische Buchstaben und ihre Aussprache sind:

ܐ (Olaf): Dies ist der erste Buchstabe im aramäischen Alphabet. Er wird wie ein stimmloses "A" ausgesprochen.

ܒ (Beth): Dieser Buchstabe entspricht dem "B" im lateinischen Alphabet und wird ähnlich ausgesprochen.

ܫ (Shin): Dieser Buchstabe ähnelt dem Buchstaben "S" im lateinischen Alphabet und wird "Sch" wie in "Schule" ausgesprochen.

ܝ (Yodh): Dieser Buchstabe entspricht dem "Y" im lateinischen Alphabet und wird ähnlich ausgesprochen.

ܡ (Mim): Dieser Buchstabe ähnelt dem Buchstaben "M" im lateinischen Alphabet und wird ebenfalls ähnlich ausgesprochen.

Bewahrung des Erbes (ܝܳܪܬܽܘܬ݂ܳܐ)

Die syrisch-orthodoxe Kirche ist stolz auf die Bewahrung der aramäischen Sprache als Teil ihres kulturellen und religiösen Erbes. In einer Zeit, in der viele alte Sprachen und Traditionen verloren gehen, bleibt die Kirche entschlossen, die aramäische Sprache und Kultur zu erhalten und weiterzugeben.

Dialekte (ܠܶܥܙܳܐ)

Die aramäische Sprache ist eine Sprachfamilie, die eine Vielzahl von Dialekten und Varianten umfasst. Diese Dialekte unterscheiden sich oft stark voneinander, sowohl in der Aussprache als auch im Vokabular. Ein Beispiel dafür sind die Dialekte Ktobonoyo und Turoyo. Ktobonoyo wird hauptsächlich in der Türkei gesprochen, während Turoyo in verschiedenen Teilen des Nahen Ostens verbreitet ist. Obwohl sie eine gemeinsame Herkunft teilen, haben sich im Laufe der Zeit regionale Unterschiede entwickelt. Diese Unterschiede können auf historische Einflüsse, geografische Isolation und den Kontakt mit benachbarten Sprachen zurückzuführen sein. Trotz dieser Unterschiede sind alle aramäischen Dialekte Teil eines reichen kulturellen Erbes und sind eng mit der Geschichte und Identität der aramäischen Gemeinschaften verbunden.

Schriftsysteme

Die aramäische Sprache ist reich an Geschichte und Kultur, und eines ihrer faszinierendsten Merkmale ist die Vielfalt der Schreibsysteme, die sie im Laufe der Jahrhunderte hervorgebracht hat. Auf unserer Website möchten wir Ihnen einen Einblick in vier dieser einzigartigen Schriftsysteme geben: Serto, Estrangelo, Ostsyrisch und Garschuni.

  • Serto: Dieses elegante Kursivschriftsystem wird von syrisch-orthodoxen Christen im Westen des Nahen Ostens verwendet.

  • Estrangelo: Als eines der ältesten aramäischen Schriftsysteme ist Estrangelo für seine kunstvollen Buchstaben bekannt.

  • Ostsyrisch: Dieses Schriftsystem, auch als Nestorianisch bekannt, wird von der Assyrischen Kirche des Ostens verwendet. Es zeichnet sich durch aufrechtere Buchstaben aus. 

  • Garschuni: Garschuni ist ein Schriftsystem, bei dem arabische Texte mit aramäischen Buchstaben geschrieben werden, während die Aussprache in der Regel auf Arabisch basiert. 

Herausforderungen und Chancen

Die Bewahrung der aramäischen Sprache ist jedoch mit Herausforderungen verbunden. Die Gemeinschaft steht vor dem Druck der Globalisierung und der Auswanderung, was die Notwendigkeit betont, die Sprache aktiv zu fördern und zu bewahren.

Insgesamt ist die enge Verbindung zwischen der syrisch-orthodoxen Kirche und der aramäischen Sprache ein Beispiel für die tiefgreifende Bedeutung von Sprache in der religiösen Praxis und kulturellen Identität. Die Bewahrung dieser Sprache ist nicht nur eine Aufgabe der Gemeinschaft, sondern auch ein Beitrag zur Vielfalt und zum Erbe der gesamten Menschheit.

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